Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet am hellen Tag, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet von den Dächern. (Mt 10,27)

 

 

 

 

Hirtenwort zum 4. Fastensonntag 2024 von Joseph Maria Bonnemain, Bischof von Chur

Liebe Schwestern, liebe Brüder

Die Kernbotschaft des Evangeliums des vierten Fastensonntags spricht von der sich andauernd erneuernden Frohbotschaft des Christentums. Es lohnt sich, darüber zu meditieren. Sie lautet: «Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird».

Christus ist der Retter und Heiland der Menschheit, der Erlöser jedes Menschen. Er bleibt uns nahe. Er ist immer bei uns. Er, «der reich ist an Erbarmen», nimmt das Kreuz auf sich. Er erlöst «in seiner grossen Liebe» die Geschicke der Welt und der Geschichte, wie der hl. Paulus an die Gemeinde in Éphesus schreibt. Gott schenkt der Welt – heute noch – sein Heil. Er schenkt es aus Gnade und nicht aufgrund von Werken oder Verdiensten.

Wir sollten zu diesem Glauben zurückkehren. Dank ihm können wir die Welt mit Zuversicht und Vertrauen betrachten. Die Welt ist gut. Gott hat sie erschaffen. Er liebt sie. Er liebt uns. Lasst uns die Ereignisse in der Welt nicht mit Pessimismus oder Nostalgie vergangener Zeiten betrachten. Schwarzmalerei der Zukunft bringt nichts. Die Liebe Gottes kann und wird alles zum Guten wenden.

Verurteilen und kritisieren wir nicht unsere Mitmenschen. Trennen wir nicht die vermeintlich Guten von den vermeintlich Bösen, die Gläubigen von den Ungläubigen, unsere Freunde von unseren Feinden. Diskriminieren wir niemanden aufgrund seiner Nationalität, Weltanschauung, sexuellen Orientierung oder Beeinträchtigung. Eine fremde Sprache, Hautfarbe, Religion, Kultur oder Tradition darf uns nicht trennen. Lieben wir die Vielfalt, wie Gott sie liebt. So zeigen wir, dass unsere «Taten in Gott vollbracht sind».

Am kommenden Sonntag, 17. März, findet die Friedenswallfahrt unseres Bistums nach Sachseln, zum Heiligen Bruder Klaus, statt. Es wäre wunderbar, wenn viele Menschen aus allen Regionen unseres Bistums und darüber hinaus mit mir dorthin pilgern würden. Gemeinsam beten wir für den Frieden in der Welt, besonders für jene Regionen und Menschen, die jetzt unter tobenden Kriegen leiden. Verbunden im Gebet, mit den besten Segenswünschen grüsse ich Sie herzlich

Joseph Maria Bonnemain
Bischof von Chur

Hinweis auf die liturgischen Texte:
Lesungen vom 4. Fastensonntag, Lesejahr B
1. Lesung: 2 Chr 36,14-16.19-23
2. Lesung: Eph 2,4-10
Evangelium: Joh 3,14-21

 

Hirtenwort zum 3. Fastensonntag 2024 von Joseph Maria Bonnemain, Bischof von Chur

Liebe Schwestern, liebe Brüder

Das Evangelium des dritten Fastensonntages endet in diesem Jahr mit der Feststellung: «Jesus […] wusste, was im Menschen war». Ja, Er und nur Er weiss, was in uns, in unserem Herzen vor sich geht und was wir darin tragen!

Seit der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus ist der Ort Gottes auf Erden – der wirkliche Tempel Gottes – nicht etwa aus Stein gebaut, sondern in unserem Fleisch und Blut. Er ist die Kirche und Kirche sind auch wir Menschen, die von ihm erlöst wurden. Die Welt, das Universum und alle Menschen sind das Zuhause Gottes. Unser christlicher Glaube verkündet, dass der Tempel Gottes, an erster Stelle wir Menschen und die erschaffene Welt sind. Die Schöpfung, welche Gott uns Menschen anvertraut hat, ist Tempel Gottes.

Die Umkehrfrage der Fastenzeit sollte deswegen zuerst und vor allem lauten: Was findet Gott in meinem Herzen vor? Findet er in meinem Innern einen Ort des Gebetes, des Dankes, der Freundschaft, der Vertrautheit und des Dialogs? Wie damals, in Jerusalem, spricht der Herr auch heute vom Tempel seines Leibes. Dieser Tempel sind wir.

Er will ein Zuhause, in dem nicht das «Ich» vergöttert wird. Nur im «Wir» sind wir Glieder des Leibes Christi, Kirche, Ort Gottes in der Welt und für die Welt. Wir kennen das folgende Wort des Herrn sehr gut: «Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan».

Wie gehen wir mit dem Tempel um, mit dem Leib Christi, welcher unsere Schwestern und Brüder im Herrn verkörpern? Nutzen wir sie aus, wollen wir Geschäfte mit ihnen treiben? Verlangen wir hohe Zinsen für die ihnen gegenüber erwiesener Liebe? Beschmutzen wir sie mit übler Nachrede? Der Herr wartet auf uns bei unseren Mitmenschen. Sie sind Zeichen seiner Gegenwart in der Welt. Er ist sehr dankbar für das kleinste Zeichen von Feinfühligkeit, Mitgefühl, Zärtlichkeit, Wertschätzung und vor allem von Liebe, die wir im Umgang mit den Nächsten aufbringen.

Verbunden im Gebet, mit den besten Segenswünschen grüsse ich Sie herzlich

Joseph Maria Bonnemain
Bischof von Chur

Hinweis auf die liturgischen Texte:
Lesungen vom 3. Fastensonntag, Lesejahr B
1. Lesung: Ex 20,1-17
2. Lesung: 1 Kor 1,22-25
Evangelium: Joh 2,13-25

Hirtenwort zum 2. Fastensonntag 2024 von Joseph Maria Bonnemain, Bischof von Chur

Liebe Schwestern, liebe Brüder

Heute an diesem zweiten Fastensonntag, möchte ich zu Beginn, den Worten des hl. Paulus an die Christgemeinde in Rom Nachdruck verleihen: «Ist Gott für uns, wer ist gegen uns? Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?»

Wenn wir uns fragen, wer Paulus mit «uns» meint, sollten wir zur Überzeugung gelangen, dass hier die ganze Menschheitsfamilie, alle Menschen aller Zeiten gemeint sind. Gott ist nicht der Gott einer Elite, einer verschlossenen, egoistischen Gruppe von Menschen. Jesus Christus ist in die Welt gekommen – zu uns – damit alle gerettet werden.

Unsere Welt hat Zukunft – auch heute. Die Welt, hier und heute, ist die Welt, die Gott liebt. Er ist mitten unter uns: er ist der Immanuel, der Gott mit uns – bis zum Ende der Zeiten.

Jesus wollte nicht auf dem Berg der Verklärung mit Petrus, Jakobus und Johannes verweilen. Sie hätten sonst meinen können, dass Gott eine verklärte Welt, eine reine, perfekte Welt bevorzugt; eine Welt, eine Menschheit, die keiner Erlösung bedarf. Der Herr wollte unbedingt hinabsteigen, damit alle erfahren, dass die wirkliche Verklärung Gottes durch sein Eins-Werden mit dem Menschen, mit der Welt und mit all dem, was erlösungsbedürftig ist, einher geht.

Durch Jesus Christus sagt Gott jedem Menschen: «Du bist meine geliebte Tochter, mein geliebter Sohn». Gott lädt uns ein, auf jeden Menschen zu hören, in jedem Menschen Kostbares zu entdecken, in jedem Menschen das Kind Gottes zu betrachten und zu lieben.

Die nötige Umkehr während der Fastenzeit sollte auch darin bestehen, von der Höhe der Theorien in die Tiefe der Realität hinabzusteigen, in der Überzeugung, dass nur im Niedrigen und Kleinen die Grösse und Allmacht Gottes erfahrbar wird. Gerade dort wartet Gott auf uns!

Verbunden im Gebet mit den besten Segenswünschen grüsse ich Sie herzlich

Joseph Maria Bonnemain
Bischof von Chur

Hinweis auf die liturgischen Texte:
Lesungen vom 2. Fastensonntag, Lesejahr B 1.
Lesung: Gen 22,1-2.9a.10-13.15-18
2. Lesung: Röm 8,31b-34
Evangelium: Mk 9,2-10

Der Kreuzweg – Entstehung und Bedeutung

An vielen Orten wird in der Fastenzeit der Kreuzweg gebetet. So auch bei uns in der Kirche St. Mauritius, jeden Freitag um 15.00 Uhr.

Dabei werden 14 Stationen des Leidensweges Jesu in Jerusalem betend und singend begangen. Die meisten der beschriebenen Szenen folgen der biblischen Passionsgeschichte, einige werden nicht ausdrücklich in der Bibel erwähnt. Schon die frühen Christen suchten die Orte in Jerusalem auf, die Jesus Christus auf seinem Leidensweg passierte, um dort zu beten, dem Leiden und Sterben Christi zu gedenken und selbst mitzufühlen, wie er gelitten hat. Ursprünglich gab es nur zwei Stationen, die Burg «Antonia» als Ort der Verurteilung Jesu durch Pontius Pilatus und den Hügel Golgota, wo Jesus gekreuzigt wurde.

Im Laufe der Zeit wurde der Passionsweg um weitere Stationen ergänzt, damit die Gläubigen den Weg Jesu möglichst genau nachgehen konnten. Im 14. Jahrhundert waren zunächst sieben Kreuzwegstationen üblich, um das Jahr 1600 umfasste der Kreuzweg bereits 12 Stationen, die letzten beiden Stationen der Kreuzabnahme und der Grablegung wurden 1625 angefügt.

kreuzweg

Hirtenwort zum 1. Fastensonntag 2024 von Joseph Maria Bonnemain, Bischof von Chur

Er wurde vom Satan in Versuchung geführt und die Engel dienten ihm

Liebe Geschwister der Menschheitsfamilie, liebe Schwestern, liebe Brüder

Wahrscheinlich überrascht euch diese ungewohnte Anrede. Sie will zum Ausdruck bringen, was wir Evangelium nennen. Deswegen habe ich mich dafür entschieden.
Die Versuchung, die am Anfang der Menschheitsgeschichte steht, ist im Grunde dieselbe, in die Satan Jesus in der Wüste zu führen versuchte. Es ist das Misstrauen Gott und den Menschen gegenüber. Sie besteht darin, unsere Mitmenschen als Feinde, als Fremde, als Belästigung, als Gefahr, als Rivale zu betrachten. Das war aber nicht die Absicht Gottes bei der Erschaffung der Welt. Er wollte und will auch heute keine Feindschaft zwischen uns Menschen und auch nicht zwischen der Natur und den Menschen stiften. Mit dem Leben, dem Tod und der Auferstehung Jesu ist das Urprojekt Gottes für die Menschheit und für die Welt wiederhergestellt worden. Während der Fastenzeit bereiten wir uns darauf vor, diese Frohbotschaft von Neuem zu beherzigen und mit Wort und Tat zu bezeugen.

Das Evangelium Gottes, das Jesus verkündet, das Evangelium an das wir glauben dürfen, ist sehr einfach: «Das Reich Gottes ist nahe!» Wir sind dazu berufen, zu glauben und zu verkünden, dass die Welt und alles, was Gott geschaffen hat, durch und durch gut ist. Wir sollten uns von allen Vorstellungen der Rivalität, Trennung, des Krieges und des Kampfes zwischen den Menschen, den Völkern und den Nationen abwenden. Es geht um die Umkehr von der schädlichen Neigung, Barrieren, Grenzen, und Mauern zu errichten, hin zu der Überzeugung, einer weltumspannenden Geschwisterlichkeit. Wir sind alle – ausnahmslos – Kinder desselben Gottes. Der Regenbogen als Zeichen des ewigen Bundes zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und der Menschheit verblasst niemals. Wir sind als Christinnen und Christen Botschafterinnen und Botschafter dieser unbesiegbaren Zuversicht. «Die Zeit ist erfüllt». Gott ist uns nahe. Er bleibt uns immer nahe: unter allen Umständen, selbst unter den Unmöglichsten. Christus selbst wird durch seine Selbsthingabe zur rettenden Arche des neuen Bundes, in der es Platz für die ganze Menschheit gibt. Kehren wir also um und glauben wir an das Evangelium! Seien wir durch unser Leben Evangelium für unsere Welt.

Verbunden im Gebet mit den besten Segenswünschen grüsse ich Sie herzlich

Joseph Maria Bonnemain Bischof von Chur

Hinweis auf die liturgischen Texte:
Lesungen vom 1. Fastensonntag, Lesejahr B 1.
Lesung: Gen 9,8-15 2.
Lesung: 1 Petr 3,18-22
Evangelium: Mk 1,12-15